Advanced Games Physics
7. Kapitel

Nichtelastischer Stoß

Zentraler nichtelastischer Stoß

Herleitung der Bewegungsgleichungen für den nichtelastischen Stoß

Bleiben wir beim zentralen Stoß. Allerdings sind die Bedingungen denen des elastischen Stoßes genau entgegen gesetzt. Jetzt wird die Deformation nicht rückgängig gemacht und beide Objekte bewegen sich nach dem Stoß im Extremfall gemeinsam weiter ). Dies ist der verlustbehaftete, nichtelastische Stoß
Das klassische Beispiel ist eine Gewehrkugel, die auf einen beweglichen Sandsack abgefeuert wird. Das Geschoss wird im Sandsack so stark abgebremst, dass es im Sack stecken bleibt und beide, Gechoss und Sandsack, sich gemeinsam mit gleichen Geschwindigkeiten weiter bewegen. Beim Abbremsen des Geschosses im Sandsack wird der größte Teil der Bewegungsenergie des Geschosses in Wärme umgewandelt, der Energieerhaltungssatz gilt also nicht mehr in dem Sinne, wie er beim elastischen Stoß angewandt wurde!
()
Formel
Vor dem Stoß - nach dem Stoß

Abb. Vor dem Stoß - nach dem Stoß

Die kinetische Gesamtenergie vor dem Stoß Wkin ist in jedem Fall größer als die nach dem Stoß W'kin. Erhalten bleibt aber der Impuls ():
()
Formel
Weil nach dem Stoß beide Objekte gemeinsam reisen, sind die Geschwindigkeiten beider Objekte gleich groß und werden nun mit v' bezeichnet:
()
Formel
Mit dieses Vereinfachung lautet der Impulssatz nun
()
Formel
woraus sich ganz leicht die gemeinsame Geschwindigkeit nach dem Stoß ausrechnen lässt:
()
Formel
Wie groß ist der Energieverlust, der durch das Abbremsen entsteht?
()
Formel
Der Energieverlust steigt quadratisch mit der Geschwindigkeitsdifferenz!
step by step explanation

Ballistisches Pendel - Messung der Geschossgeschwindigkeit

Das oben beschriebene Szenarium hat wirklich praktische Bedeutung. Zu den Zeiten, da elektronische Zeit- und Geschwindigkeitsmessungen noch unbekannt waren, wurden tatsächlich mit der Sandsack­methode Geschoss­geschwindig­keiten gemessen ().
Wie zeigt, erfolgt beim unelastischen Stoß eine Geschwindigkeits­transformation. Die Gesamtgeschwindigkeit v' wird, wenn das Ballistische Pendel zu Beginn des Experiments in Ruhe war, ausschließlich durch die Geschossgeschwindigkeit v1 und das Masseverhältnis m1/(m1 + m2) bestimmt. Diese Geschwindigkeit ist nun deutlich kleiner als die Geschossgeschwindigkeit, wenn man bedenkt, dass die Gechossmasse m1 « m2 als die Masse des Sandsackes ist. Wenn die Geschwindigkeit nach dem Stoß bekannt ist, kann mittels einfach auf die Geschoss­geschwindig­keit geschlossen werden.
()
Formel
Anordnung zur Messung von Geschossgeschwindigkeiten

Abb. Anordnung zur Messung von Geschoss­geschwindigkeiten




Wie aber kann die Gesamtgeschwindigkeit mit einfachen Mitteln gemessen werden?
Dazu schauen wir uns die Meßanordnung in etwas genauer an. Der Sandsack ist mit einem Seil der Länge l an einem fixen Ort befestigt. Damit bildet die Anordnung ein Pendel. Trifft nun das Geschoss auf den Sandsack, so wird er nach in Bewegung versetzt.
Nach dem Auftreffen des Geschosses wird das Pendel ausgelenkt, es hat sich am rechten Wendepunkt des Pendels die gesamte kinetische Energie in potentielle Energie () gewandelt. Dies geschieht, weil am Wendepunkt die Geschwindigkeit und damit die kinetische Energie gleich Wkin = 0 ist. Statt dessen hat sich jetzt eine potentielle Energie aufgebaut, die sich durch den Höhenunter­schied h (siehe ) ausdrückt. Wir setzen vereinfachend voraus, dass die Pendelbewegung reibungsfrei erfolgt - es gibt also keine Energieverluste - deshalb müssen beide Energieformen gleich groß sein:
()
Formel
also
()
Formel
Zur Berechnung der Geschossgeschwindigkeit

Abb. Zur Berechnung der Geschoss­geschwindig­keit
Kürzen und Vereinfachen führt auf
()
Formel
Damit gibt es einen Zusammenhang zwischen der Geschwindigkeit des Sandsackes nach dem Stoß und dem Höhenunterschied h der Pendelbewegung am Wendepunkt zum Tiefstpunkt. Nun ist klar, dass die Messung des Höhenunterschiedes nicht einfach sein wird. Deshalb wird stattdessen der Auslenkungswinkel α gemessen ().
Eine einfache geometrische Überlegung führt auf
()
Formel
Mit den Erkenntnissen aus den , und kann jetzt die Geschossgeschwindigkeit aus dem Auslenkungswinkel α berechnet werden:
()
Formel


Das Beispielprogramm zeigt die Messanordnung für Geschoss­geschwindig­keiten. Da die Gechosse sehr schnell fliegen, sind sie in der Darstellung nicht zu sehen, lediglich an der Wirkung des Aufpralls am Sandsack (gelbe Kugel) ist zu ersehen, dass ein Schuss, ausgelöst durch den START-Button, erfolgte. Einstellbar sind die Mündungs­geschwindig­keit v0 und die Geschoss­masse m1. Der Sandsack ist an einem Pendel der Länge 10m aufgehängt und hat selbst eine Masse m2 = 20kg.
Die Auslenkung des Pendels wird gemessen und zur Berechnung der Geschoss­geschwindig­keit herangezogen.
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