Advanced Games Physics
10. Kapitel

Gekoppelte Pendel als System gekoppelter Differantialgleichungen

Ein weiteres Beispiel für gekoppelte Systeme wird in gezeigt. Hier sind es gekoppelte Pendel deren Bewegungen durch ein System gekoppelter Differantialgleichungen beschrieben werden.
Zwei Pendel der Längen L1 und L2 sind über eine Feder miteinander verbunden. Die Feder wiederum ist in den Abständen l1 und l2 von den Drehpunkten der Pendel entfernt befestigt.
Wie Pendel funktionieren wurde bereits im Kapitel Rotation - das physische Pendel besprochen, darum konzentrieren wir uns auf den Einfluss der Feder, die beide Pendel mehr oder weniger stark miteinander verbindet.
Gehen wir wieder vom HOOKEschen Gesetz aus, danach berechnet sich die Federkraft nach Gl. :
()
Formel
worin Δx die Änderung der Federlänge ist. Diese ist über die Auslenkungswinkel φ1 und φ2 und die Befestigungs­stellen der Feder an den Pendeln zu berechnen ():
()
Formel
Zwei gekoppelte Pendel

Abb. Zwei gekoppelte Pendel

Für die Aufstellung des Kräfte­gleich­gewichts ist der Wirkort der Federkraft wichtig! Obwohl die Feder in den Abständen l1 bzw. l2 angreift, müssen wir ihre Kraftwirkung FF(m) an den Massen m1 und m2 kennen.

Die Vermittlung erfolgt über das Hebelgesetz. Da die Kraft (durch das hochgestellte m angedeutet) betragsgleich auf beide Massen wirkt, gilt für beide Pendel:
()
Formel
Der Faktor n · ( l L ) wird auch als Koppelfaktor K bezeichnet, weil er den Grad der Wechselwirkung zwischen den Pendeln beschreibt.
Nun können wir die Kräfte­gleich­gewichte für beide Pendel notieren ():
()
G' = F T + F R ± F F m
Damit kann nun für das erste Pendel die Kräftebillanz aufgestellt werden:
()
Formel
Geistesblitz
on/off

Durch geeignetes Umstellen erhalten wir die Normalform der DGl. für das erste Pendel:
()
Formel
Die Differentialgleichung des 2. Pendels wird analog zu aufgestellt. Mit der Abkürzung n m = 2 · π · f r e s 2 erhalten wir nunmehr ein System gekoppelter Differentialgleichungen für beide Pendel:
(a)
Formel
(b)
Formel
Geistesblitz
on/off

Der Ausdruck Δx wird nach bei jeder Programmiteration neu berechnet. Da Δx in den Differential­gleichungen beider Pendel auftritt, entsteht hierdurch die Verkopplung der Gleichungssysteme.
Das System der gekoppelten Pendel besteht aus drei schwingfähigen Teilen: den beiden Pendeln und der Kombination aus Koppelfeder und den Pendelmassen. Im Programmbeispiel wurden beide Pendel mit identischen Eigenschaften ausgestattet. Auch die Koppellängen l sind gleich groß, können aber mit dem Schieberegler verändert werden. Bei l = 0 liegt überhaupt keine Kopplung vor, beide Pendel sind unabhängig voneinander. Bei l = L ist die Kopplung vollständig.
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download p5.js
run program

Ergebnisdiskussion: Was zu beobachten ist: das linke Pendel ist zu Programmstart ausgelenkt, das rechte befindet sich in Ruhe. Nun beginnt das linke Pendel zu schwingen und die Koppelfeder gibt die Pendelbewegung des linken Pendels an das rechte Pendel weiter. Diese Energieübertragung ist desto größer je größer der Koppelfaktor K ist. Langsam beginnt das rechte Pendel zu schwingen und verstärkt seine Amplitude zusehends. Du könntest nun denken, dass sich beide Pendel einem Gleichgewichtszustand annähern und dann gleich stark schwingen. Dem ist aber nicht so. Der Energiefluss ist vollständig. Das linke Pendel bleibt nahezu stehen. Inzwischen hat aber das rechte Pendel die Rolle des linken Pendels übernommen und der Energiefluss findet nun von rechts nach links statt. Dieser Zustand des steten Energietransfers durch Schwingungen wird auch Schwebung genannt. Die Grafik im oberen Fenster kann Dir helfen, dies zu verdeutlichen. Hier siehst Du ganz deutlich die Abhängigkeit der Geschwindigkeit des Energiewechsels vom Koppelfaktor K.

Mit Einführung des Koppelfaktors in die a) und b) kann der Faktor für die Federkraft () auch so geschrieben werden:
(a)
Formel
Damit ergibt sich für die Gleichungen a) und b) ein anderes Bild, das den Einfluss des Koppelfaktors auf das Schwingverhalten der gekoppelten Pendel betont:
(a)
Formel
(b)
Formel