Advanced Games Physics
3. Kapitel

Herleitung und Anwendung der Bewegungsgleichung des schrägen Wurfs

Schräger Wurf - Wurfparabel

Ein weitere Variante der gleichmäßig beschleunigten Bewegung ist der Schräge Wurf. Auch dies ist eine translatorische Bewegung, auch wenn es auf den ersten Blick nicht danach aussieht! Grund: alle Massepunkte des fliegenden Objektes haben die gleichen Bewegungsvektoren.
Vom Prinzip her ist die Herleitung der Bewegungsgleichung aus der des Freien Falls ableitbar. Allerdings sind hier die Bewegungsabläufe komplexer. Im Fall des schrägen Wurfs verläuft die Bewegung nicht längs einer der Koordinatenachsen, sondern schräg zu diesen. Es liegt eine Bewegungsaufgabe mit zwei Freiheitsgraden vor und die Bewegung muss als Vektor aufgefasst werden. Folglich wird die Gesamtbewegung getrennt für die x- und die y-Richtung berechnet und zur Darstellung gebracht.

Im Startmoment liegen für jede Richtung Geschwindigkeitskomponenten v0x und v0y der Gesamtstartgeschwindigkeit v0 vor. Der Startort ist gleich x0, y0.
Nun zeigt es sich, dass die Bewegung in x-Richtung (idealisierte Bedingungen voraus gesetzt) nicht beschleunigt ist. Es handelt sich also um eine gleichförmige Bewegung und es gilt :

()
Formel 35

Wohingegen die Bewegung in y-Richtung analog zum Freien Fall gleichmäßig beschleunigt verläuft.
Damit wird die y-Ortskoordinate des geworfenen Körpers laut berechnet:

()
Formel 36

Je nach Aufgabenstellung kann der Vektor der Startgeschwindigkeit in Komponenten v0x und v0y oder durch Betrag v und Winkel α angegeben sein. Bei gegebenen Komponenten berechnet sich der Betrag der Startgeschwindigkeit nach dem Satz des PYTHAGORAS zu:

()
Formel 37

Oder es sind Betrag und Winkel des Startvektors gegebenen, dann können die Vektorkomponenten berechnet werden:
()
Formel 38

Schräger Wurf

Abb. Schräger Wurf

Programmauszug zeigt die Implementierung der Formeln und . In der Berechnungsphase werden x bzw. y getrennt berechnet und bestimmen so die Lage des geworfenen Körpers. Es gibt zwei Abbruchbedingungen: die erste beendet den horizontalen Bewegungsablauf bei Überschreiten des minimalen bzw. maximalen x-Bereiches und die zweite beendet den vertikalen Bewegungsablauf bei Erreichen des Grundes, d.h. wenn der y-Wert auf den Wert des Objektradius r gefallen ist.



Abb. Berechnung der Bewegungskompunenten "Schräger Wurf"

Im Beispielprogramm wird der Vektor der Startgeschwindigkeit durch einen blauen Pfeil dargestellt. Ziehen an der Pfeilspitze verändert Betrag und Startwinkel. Aber auch der Startort kann mit der Maus verändert werden. Dazu musst Du den Ball mit der Maus anklicken und verschieben.
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run program


Für verschiedene Aufgaben ist die Kenntnis der maximalen Reichweite beim schrägen Wurf wichtig. Beschränken wir uns auf den Fall, dass der Startpunkt bei x0 = 0 und y0 = 0 liegt. Zur Ermittlung der Reichweite verwenden wir die Gleichungen und . Die Reichweite ist erreicht, wenn das Flugobjekt wieder auf dem Boden auftrifft. D.h. y = 0. Damit folgt aus :
()
Formel 39

besitzt eine doppelte Nullstelle. Eine davon ist t = 0. Das ist der Fall, wenn der Wurf noch gar nicht begonnen hat und das Objekt selbstverständlich noch bei y = 0 liegt. Darum kann hier einmal t gekürzt und anschließend nach v0y umgestellt werden:
()
Formel 40

Andererseits kann nach t umgestellt werden, wobei vereinbarungsgemäß x0 = 0 ist.
()
Formel 41

womit jetzt in die Zeit t eliminiert werden kann:
()
Formel

Durch das Einsetzen in in verliert die Ortskoordinate x ihre Allgemeingültigkeit, beschreibt sie doch den Aufsetzpunkt y = 0. Deshalb schreibe ich jetzt x(y=0).
Mit liegt ein Zusammenhang zwischen x und den Komponenten der Startgeschwindigkeit v0x und v0y vor, der die Zeit t als unabhängige Variable nicht mehr enthält. Jetzt lösen wir noch nach x(y=0) auf und erhalten:
()
Formel

Ersetzen wir nun noch v0x und v0y durch die Gleichungen
()
Formel

worin die Winkelbeziehungen unter Anwendung des Doppelwinkelsatzes der sin-Funktion vereinfacht werden können:
()
Formel

Somit ist uns ein Zusammenhang zwischen dem Anstellwinkel α und der Reichweite x(y=0) bei bekanntem Betrag der Startgeschwindigkeit v0 gegeben.

Da wir uns aber für die maximale Reichweite xmax interessieren, müssen wir nach dem Winkel α differenzieren und gleich 0 setzen:
()
Formel

Die cos-Funktion wird nur dann gleich 0, wenn
()
Formel

D.h. die maximale Reichweite wird bei einem Anstellwinkel von α = 45° erreicht. Die maximale Reichweite beträgt dann:
()
Formel