Advanced Games Physics
4. Kapitel

Schräger Wurf unter Wind-Einfluss

In diesem Kapitel wollen wir untersuchen, welchen Einfluss der Wind bei der Bewegung unter Berücksichtigung der Strömungsreibung nach NEWTON hat. Wir wollen hier annehmen, dass der Wind nur in x-Richtung weht (prinzipiell stellt dies aber keine Einschränkung dar!).

Wie zeigt, weht der Wind (dicker brauner Pfeil) in Bewegungsrichtung des Objektes mit der Geschwindigkeit vWind. In der Wirkung unterstützt der Wind den Flug des Objektes, d.h. in x-Richung muss die Strömungsreibung kleiner werden, weil die Relativgeschwindigkeit zwischen Objekt und Medium durch den Wind kleiner geworden ist.
Schräger Wurf unter Einfluss von Wind
Abb. Schräger Wurf unter Einfluss von Wind



Welchen Einfluss der Wind auf die reibungswirksamen Komponenten hat, zeigt . Die Geschwindig­keits­komponenten vx und vy werden wie bisher aus der Geschwindigkeit v des Objektes hergeleitet. Reibungswirksam ist aber die Geschwindigkeit vR, die sich aus den Komponenten vy (unverändert) und vx - vWind zusammen setzt.

Die reibungswirksame Geschwindigkeit berechnet sich dann zu

()
Formel

Wie zu erwarten ist, reduziert der Rückenwind die resultierende Geschwindigkeit v und damit die wirksame Reibkraft FR. Gegenwind verstärkt hingegen die Reibkraft.
Komponentenzerlegung unter Windeinfluss
Abb. Komponentenzerlegung bei Bewegung unter Windeinfluss


Unter diesen Randbedingungen lautet jetzt der Dreisatz
()
Formel

Auflösen nach den Komponenten der Reibungskraft:
()
Formel

Die weitere Entwicklung der Lösung führt analog zu auf die Differentialgleichungen für die Bewegungsgleichungen der Ortskoordinaten vx und vy:
()
Formel

Auch hier bietet sich die numerische Lösung der Differentialgleichung nach an und führt so zu vx(t) und vy(t), respektive zu x(t) und y(t).

Geschoss unter Einfluss von Wind

Im folgenden Beispiel wollen wir den Flug eines Geschosses am Computer simulieren. Hier die technischen Daten des Gewehrs Fortek 2001:
Kaliber 0.5" (12 mm)
Masse 42 g
Mündungs­geschwindigkeit 823 m/s

Der Hersteller gibt die maximale Schussweite mit 6200 m bei einem Schusswinkel von 37 Grad an. Das Geschoss trifft mit einer Geschwindigkeit von 175 m/s auf.


Das Beispielprogramm vergleicht die Bewegung des Geschosses unter Wind-Einfluss. Es wird die Flugbahn als Graf dargestellt. Als Parameter kann die Windgeschwindigkeit vWind im Bereich von ±100 km/h mit einem Schieberegler variiert werden. Der Button RESET erlaubt die simultane Darstellung verschiedener Einstellungen, erst mit Betätigung des CLEAR-Buttons werden alle Grafen gelöscht.
download processing
download p5.js
run program

Ergebnisdiskussion: Der Wind nimmt deutlich Einfluss auf die Bewegung des Geschosses. Die vom Hersteller (ohne Wind!) gemachte Angabe zur Schussweite wird in der Simulation nicht erreicht. Ursache hierfür dürfte ebenfalls die simple Lösungsmethode der Differential­gleichungen sein. Hingegen ist die Übereinstimmung bei der Auftreffgeschwindigkeit sehr gut.

Geschoss unter Einfluss von Seitenwind

Man möchte meinen, dass Seitenwind, der senkrecht (also aus z-Richtung) auf die Flugbahn eines Objektes weht, keine Wirkung auf die Flugbahn in x - y- Richtung hat. Mal sehen, ob das so ist?
Die zu lösende Aufgabe ist ein 3D-Problem; drei Dimensionen → drei Freiheitsgrade → drei Differentialgleichungen - obwohl uns nur die Auswirkung des Seitenwindes auf die Bewegung in der x - y-Ebene interessiert!

Nehmen wir wieder das Geschoss als Beispiel. Der Einfachheit halber betrachten wir das Geschoss als Zylinder mit der Frontfläche Ax, y und einer seitlichen Projektionsfläche Az. Ebenso sind auch die cwx,y- bzw. cwz-Werte verschieden. Unter diesen Voraussetzungen wirkt bei Einfluss eines Seitenwindes mit der Geschwindigkeit vWind in z-Richtung eine Reibungskraft FR entsprechend :
()
F R = 1 2 · ρ · [ c w x , y · A x , y · v x 2 + v y 2 + c w z · A z · v z v W i n d 2 ]
Mit der Gesamtgeschwindigkeit v:
()
v = v x 2 + v y 2 + v z v W i n d 2
Analog zur Entwicklung der bis folgt die Aufstellung der .

Die verkoppelte DGl lautet also:

()
v · x = ρ · v x 2 · m · v x 2 + v y 2 + v z v W i n d 2 · [ c w x , y · A x , y · v x 2 + v y 2 + c w z · A z · v z v W i n d 2 ]
v · y = g ρ · v y 2 · m · v x 2 + v y 2 + v z v W i n d 2 · [ c w x , y · A x , y · v x 2 + v y 2 + c w z · A z · v z v W i n d 2 ]
v · z = ρ · v z 2 · m · v x 2 + v y 2 + v z v W i n d 2 · [ c w x , y · A x , y · v x 2 + v y 2 + c w z · A z · v z v W i n d 2 ]


Das Beispielprogramm vergleicht die Bewegung des Geschosses unter dem Einfluss von Seitenwind. Hier wird die Wirkung in z-Richtung nicht untersucht, vielmehr wird untersucht, inwieweit Seitenwind auf die Bewegung eines Objektes in seiner x - y-Bewegung Einfluss nimmt.
Es wird die Flugbahn als Graf dargestellt. Als Parameter kann die Windgeschwindigkeit vWind im Bereich von ±100 km/h mit einem Schieberegler variiert werden. Der Button RESET erlaubt die simultane Darstellung verschiedener Einstellungen, erst mit Betätigung des CLEAR-Buttons werden alle Grafen gelöscht.
download p5.js
run program

Ergebnisdiskussion: Was jeder Fahrradfahrer weiß: Seitenwind bremst und kostet zusätzliche Anstrengungen. Diese Erfahrung bestätigt das Experiment. Natürlich ist die Wirkung von Seitenwind nicht so stark wie bei Rücken- oder Gegenwind! Aber sie ist sichtbar bremsend vorhanden! Aus welcher Richtung der Seitenwind weht hat erwartungsgemäß keinen Einfluss auf die Geschossbahn.