4. Kapitel
Bewegung unter Reibungseinfluss
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Alle Themen in diesem Kapitel:
Vorbetrachtung
Anders als unter den idealisierenden Laborbedingungen, verlaufen Bewegungen unter Reibungseinfluss mit energetischen Verlusten. Ausnahmen hiervon sind Bewegungen im fernen Weltall, wo ein nahezu ideales Vakuum herrscht. Energetische Verluste äußern sich in der Regel durch eine Verringerung der kinetischen Energie, also durch einen Geschwindigkeitsverlust des bewegten Körpers, d.h. es handelt sich hier um eine beschleunigte Bewegung unter ReibungseinflussWo bleibt die verlustig gegangene Energie? Sie wird in Wärmeenergie umgewandelt!
Reibungseinflüsse treten in vielfältiger Form in Erscheinung. gibt einen Überblick über die Reibungseinflüsse, mit denen wir uns in diesem Kapitel befassen werden. In der mittleren Reihe der Grafik sehen wir die Anwendungsgebiete Festkörper-Reibung oder äußere Reibung auf der linken Seite, auf der anderen Seite die Strömungs-Reibung oder auch innere Reibung. Innerhalb dieser Anwendungsbereiche finden wir dann die konkreten Anwendungsbereiche wie
- Haft- und Gleitreibung, die stets gemeinsam auftreten und deren Wirksamkeit durch die Material-Kenngrößen Haftreibungskoeffizient μH und Gleitreibungskoeffizient μR ausgedrückt werden,
- Rollreibung und der Rollreibungskoeffizient cR,
- Strömungsreibung nach STOKES und die Viskosität η,
- Strömungsreibung nach NEWTON und der Strömungsbeiwert cw.
Abb. Arten von Reibungseinflüssen
Auf den ersten Blick scheint die Reibung ein Übel zu sein, mit dem man leben muss. Aber ist das wirklich so? Die andere Seite der Medaille sieht so aus: ohne Reibung gäbe es keine Bremsen, Körper würden bei der geringsten Neigung der Unterlage ins Rutschen kommen oder Fallschirmspringer würden wie ein Stein zur Erde fallen!
Da die Reibung zu unserem Alltag gehört, ist ihr Beitrag zu einer realistisch wirkenden Bewegung für die Spieleentwicklung unverzichtbar!
Mit der Reibung führen wir ein Element in unsere Kräftebillanz
ein, das potentielle oder kinetische Energie in Wärme
umwandelt. Damit gehört die Reibung nicht zu den Energie konservierenden
Größen!
Eine ausführlichere Behandlung des Themas "Verlustenergie" findest Du im Kapitel Energieverlust durch Strömungsreibung.
Äußere Reibung - Reibung zwischen Festkörpern
Berühren sich zwei Festkörper, die nicht starr miteinander verbunden sind, so können sie nur durch Aufwendung einer äußeren Kraft gegeneinander verschoben werden. Diese für die Verschiebung erforderliche Kraft F ist der sogenannten Reibkraft FR betragsgleich, aber entgegengerichtet (). Da dieses Reibungsphänomen sich an den Oberflächen der beteiligten Körper abspielt, wird diese Reibung (im Gegensatz zur inneren Reibung in Gasen oder Flüssigkeiten) äußere Reibung genannt. Jede Art von Reibung ist mit einer Energieumwandlung verbunden. Bewegungsenergie wird z.B. in Wärme umgewandelt, so dass die des Systems steigt.Die Reibkraft FR ist der Andrucks- oder Normalkraft FN, die zwischen den beiden Körpern herrscht, proportional (COULOMBsches Reibungsgesetz).
Abb. Kräfte an zwei gegeneinander bewegten Festkörpern
Der Begriff Normalkraft wird immer für Kräfte verwendet, die
senkrecht auf die Fläche wirken, auf die die Kraft wirkt.
Aus unserer Alltagserfahrung wissen wir, dass die Kraft, die zur Überwindung
der Reibung notwendig ist, mit dem Gewicht des Körpers steigt. Ersetzen wir
das "Gewicht" durch den Ausdruck Normalkraft FN, so
erhalten wir die in
angegebene Proportionalität.
()
on/off
Um aus der Proportionalität eine Gleichung zu machen, müssen wir einen Proportionalitätsfaktor einführen. Dies ist der sog. Reibungskoeffizient μ ().
Der Reibungskoeffizient μ ist eine Materialkonstante, die von der Beschaffenheit beider Körper abhängig ist. Seine exakte Größe wird experimentell bestimmt.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Größe der Berührungsfläche nicht in die eingeht (AMONTONsche Gesetze)!
()
Abb. Grenzfläche zwischen sich berührenden Körpern
.
Die Reibkraft ist unabhängig von der Berührungsfläche beider Körper.
Weiterhin ist sie auch weitgehend unabhängig von der Geschwindigkeit, mit
der sich die Körper gegeneinander bewegen.
Für die weitere Betrachtung der Festkörperreibung ist die Unterscheidung in Haftreibung und Gleitreibung einerseits und Rollreibung andererseits wichtig.
Haftreibung
Die Haftreibung ist eine Erscheinung, die zwischen gegenseitig in Ruhe befindlichen Körpern auftritt. Bevor es zwischen den Körpern zu einer Relativbewegung kommen kann, ist durch einen äußeren Kraftaufwand die Haftreibung zu überwinden.Hervorgerufen wird die Haftreibung durch Kraftschluss infolge freier atomarer Bindungskräfte (Van-der-Waals-Kraft oder Adhäsion) an den Oberflächen der sich berührenden Körper. Diese Kräfte wirken nur auf kürzeste Distanz, Beispielsweise nimmt die Wirkung der Van-der-Waals-Kraft mit der 6-ten Potenz der Entfernung zwischen den Berührungsflächen ab! Mit beginnender Bewegung reißen diese Bindungen ab und verlieren ihre Wirksamkeit.
Abb. Haftreibung durch Van-der-Waals-Kräfte
Aus energetischer Sicht dürfte die Haft"reibung" eigentlich nicht als Reibung
bezeichnet werden. Denn die zur Überwindung der Haftreibung erforderliche Kraft
leistet keine Arbeit, weil der Weg gleich Null ist. Sobald nämlich die
Haftreibung überwunden ist, setzt die Gleitreibung ein.
on/off
Die Haftreibungskraft kann einen bestimmten Maximalwert FH nicht überschreiten. Übersteigt die angreifende Kraft F diesen Maximalwert, beginnen sich die Körper relativ zu einander zu bewegen.
Der Zusammenhang zwischen der Normalkraft FN und der Haftreibungskraft FH wird durch den sog. Haftreibungskoeffizienten μH ausgedrückt.
()
Gleitreibung
Nach Überwindung der Haftreibung setzt eine Relativbewegung zwischen den Körpern ein. Dieser Bewegung wirkt die Gleitreibungskraft entgegen. Eine Bewegung ist stets mit einer Ortsänderung, also einem Weg verbunden, so dass jetzt Arbeit verrichtet, also Energie aufgewendet werden muss. Quantitativ entsprechend der Beziehung Kraft mal Weg. Diese Energie muss aus der kinetischen Energie (Bewegung) aufgebracht werden und wird in Wärmeenergie umgesetzt.Hervorgerufen wird die Gleitreibung durch Formschluss infolge von Rauhigkeiten der Oberflächen der sich berührenden Körper. Während der Bewegung müssen diese Formschlüsse laufend überwunden werden. Es ist also stets Arbeit zu leisten, die hauptsächlich in Wärme umgesetzt wird.
Abb. Gleitreibung infolge Oberflächenrauhigkeit
()
Rollreibung
Die Rollreibung ist auf eine Verformung der Oberflächen zurück zu führen. Während des Rollens findet ein Materialtransport statt, der ebenfalls Energie zehrend ist. Auch hier ist stets Arbeit zu leisten, die wiederum hauptsächlich in Wärme umgesetzt wird.Abb. Rollreibung infolge Verformung
Auch die Rollreibung setzt der Bewegung einen Widerstand der angreifenden Kraft FR entgegen. Der Zusammenhang zwischen der Normalkraft FN und der Rollreibungskraft FR wird durch den sog. Rollreibungskoeffizienten cR ausgedrückt:
()
Wie aus den Gleichungen bis zu ersehen ist, sind die Reibungskoeffizienten dimensionslose Verhältniszahlen. Sie geben an, welche Kraft im Verhältnis zur Andruckskraft aufzuwenden ist, um die jeweilige Reibungskraft zu überwinden. Im Folgenden sollen einige Beispiele für häufig auftretende Materialpaarungen angegeben werden:
Haft/Gleitreibung | μH | μG |
Stahl-Stahl | 0,15 | 0,05 |
Stahl-Eis | 0,027 | 0,014 |
Holz-Stein | 0,7 | 0,3 |
Leder-Metall | 0,6 | 0,25 ... 0,5 |
Beachte! Die Haftreibung weist stets größere Werte als die
Gleitreibung auf.
Rollreibung | cR |
Kugellager | 0,0005 ... 0,001 |
Rad-Schiene | 0,001 ... 0,002 |
Autoreifen-Asphalt | 0,011 ... 0,015 |
Autoreifen-Sand | 0,2 ... 0,4 |