8. Kapitel
Satz von Steiner und Schwerpunkt
Berechnung des Trägheitsmomentes nach dem Satz von STEINER
Gesetzt den Fall, ich kenne das Trägheitsmoment eines Körpers um eine der Achsen, die durch den Schwerpunkt des Körpers führt. Muss ich dann das Trägheitsmoment trotzdem immer wieder neu berechnen, wenn die Achse parallel verschoben wird? Untersuchen wir den Fall, dass das Trägheitsmoment für eine durch den Schwerpunkt verlaufende Drehachse bekannt ist. Wie verändert sich das Trägheitsmoment, wenn die Drehachse jetzt um den Wert R verschoben wird ()?
Nehmen wir den schon bekannten dünnen Stab als Beispiel (). Das Trägheitsmoment ist für die Drehung um eine durch den Schwerpunkt verlaufende Achse bekannt (). Nun wiederholen wir diese Rechnung, allerdings für den um R parallel verschobenen Drehpunkt. Das ist ganz einfach, wir verändern lediglich die Integrationsgrenzen in . Mit ergibt sich:
()
Abb. Trägheitsmoment bei parallel verschobener Drehachse
Wie leicht zu erkennen ist: der erste Summand in entspricht dem Trägheitsmoment des dünnen Stabes, dessen Achse durch den Schwerpunkt verläuft ().
Der zweite Summand m·R2, der zu dem Wert des bekannten
Trägheitsmomentes hinzugekommen ist, stellt selbst ein Trägheitsmoment dar. Nämlich
das der als Massepunkt wirksamen Gesamtmasse m, die sich
im Abstand R vom Schwerpunkt S um eine Achse durch den
Drehpunkt D dreht.
Verallgemeinern wir den Fall, so erhalten wir den Satz von STEINER:
Verallgemeinern wir den Fall, so erhalten wir den Satz von STEINER:
()
ACHTUNG! Der Satz von STEINER gilt nur unter der Voraussetzung, dass das
Trägheitsmoment des zu berechnenden Körpers für die Schwerachse (Achse durch den
Schwerpunkt), die zur beabsichtigten Drehachse parallel verläuft,
bekannt ist. Siehe dazu den Beweis.
Abb. Dünner Stab mit parallel verschobener Drehachse
Berechnung des Schwerpunktes von Körpern
Der Schwerpunkt eines Körpers zeichnet sich dadurch aus, dass egal
in welcher Richtung eine Drehachse den Schwerpunkt durchstößt, der Körper im
Gleichgewicht bleibt. Körper sind 3-dimensional, also gibt es mindestens drei,
senkrecht zueinander stehende Achsen, um die sich der Körper drehen kann, die
sog. Schwerachsen () und immer im
Gleichgewicht bleibt. Dabei ist es bedeutungslos, wie diese Achsen in Bezug auf
den Körper orientiert sind. In der Regel wird die Orientierung der Schwerachsen
an der oder den vorgesehenen Drehachsen vorgenommen. Sinnvoller Weise sind die
Schwerachsen mit den drei Koordinaten eines kartesischen Koordinatensystems
identisch. Andere Achsanordnungen lassen sich dann durch Linearkombination dieser
Schwerachsen berechnen.
Im allgemeinen sind also für einen Schwerpunkt drei Koordinaten zu ermitteln, es sei denn, geeignete geometrische Strukturen erlauben eine Vereinfachung der Rechnung.
Im allgemeinen sind also für einen Schwerpunkt drei Koordinaten zu ermitteln, es sei denn, geeignete geometrische Strukturen erlauben eine Vereinfachung der Rechnung.
Abb. Schwerpunkt und Schwerachsen eines Körpers
Nehmen wir als Beispiel wieder den homogenen dünnen Stab (). Der Stab habe die Länge l und die Masse m. Der Schwerpunkt bei Drehung um die z-Achse xs sei nicht bekannt. Wir haben der besseren Handhabung wegen den Stab parallel zur x-Achse ausgerichtet und so angeordnet, dass sein linkes Ende mit dem Ursprung der x-Achse zusammenfällt, d.h. bei x = 0. Wie gehen wir weiter vor? Dazu betrachten wir eine Anordnung nach . Die Anordnung rechts im Bild stellt die Zerlegung des dünnen Stabes in kleine Masseelemente dm, die durch eine Kraft, z.B. die Gravitation (dF = g·dm), nach unten gezogen werden. So übt jedes Masseelement ein Drehmoment dM um den Punkt x = 0 aus.
Abb. Schwerpunkt des dünnen Stabes
Abb. Schwerpunktberechnung eines dünnen Stabes
()
Um auf der rechten Gleichungsseite das Drehmoment Mrechts bestimmen zu können, werden alle Teildrehmomente dM über die Stablänge l integriert. Da hier beispielhaft die Schwerkraft wirken soll (ist aber nicht zwingend, da sich g ohnehin herauskürzt!), gilt
()
Kürzen und Umstellen nach xS:
()
Beim dünnen Stab gilt für das Masseelement und für die Gesamtmasse . Einsetzen in und Kürzen der konstanten Faktoren:
()
Nach dem Lösen des Integrals und Einsetzen der Integrationsgrenzen sehen wir, dass der Schwerpunkt eines homogenen dünnen Stabes in der Mitte liegt! Wer hätte das gedacht?
()
Selbstverständlich sind die weiteren Koordinaten ys und zs aus den selben Überlegungen ebenfalls mittig.
Für geometrisch anspruchsvollere Körper, die u.U. sogar inhomogen sein können, werden die Koordinaten des Schwerpunktes, weil Körper dreidimensional sind, durch Dreifachintegrale berechnet:
()
Im allgemeinen Fall ist auch die Dichte ρ = ρ(x, y, z) als ortsveränderlich anzusehen.