9. Kapitel
Bewegungsgleichungen nach den Gesetzen der Rotation
Bewegungsgleichungen für Planeten und Kometen
Wen fasziniert nicht die ewige Bewegung der Planeten um ihr Zentralgestirn? Ohne äußere Kraft dauert diese Bewegung ohne nennenswerte Veränderung der Bahnen an. Versuchen wir, diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen.Kometen
In den folgenden Betrachtungen gehen wir davon aus, dass das Zentralgestirn sehr
viel massereicher ist, als das umkreisende Objekt, z.B. ein Komet. Damit dürfen wir annehmen, dass
die Wirkung dieses Objektes auf die Sonne vernachlässigbar klein ist. So kann das sog.
Zwei-Körper-Problem
auf ein Ein-Körper-Problem reduziert werden.
Auf den Kometen sollten zwei Kraftkomponenten wirken:
Befassen wir uns zunächst mit der radialen Kraftkomponente:
Wie wir bereits von den KEPLERschen Gesetzen wissen, beruht die Kometenbewegung auf dem Gleichgewicht der radialen Kräfte von Gravitation und Zentrifugalkraft. Wäre dieses Gleichgewicht gestört, bliebe eine Kräftedifferenz übrig, die die Masse des Kometen zum Zentralgestirn hin oder von diesem weg beschleunigen würde. Daher lautet das vollständige Kräftegleichgewicht:
worin FZ die Zentrifugalkraft, hervorgerufen durch die
Rotation um das Zentralgestirn, FR die Radialkraft
(oder auch Zentripedalkraft genannt), hervorgerufen durch die Gravitation und
FT die Trägheitskraft bedeuten. Die Zentrifugalkraft
gemäß und die Radialkraft gemäß
sind hier Gegenspieler.
Tritt ein Kräfteungleichgewicht zwischen Gravitation (Radialkraft) FR und Zentrifugalkraft FZ, wirkt auf den Kometen eine Kraft in Richtung der Radialkomponente. Somit wird der Planet durch die Trägheitskraft FT ebenfalls in diese Richtung (und umgekehrt) beschleunigt. So lautet das radiale Kräftegleichgewicht nach
-
eine radiale Komponente, hervorgerufen durch das Wechselspiel zwischen
Zentrifugalkraft und Zentripedalkraft und
- eine tangentiale Komonente, die aber gleich 0 ist, sofern keine äußeren Kräfte auf den Kometen einwirken (deshalb fehlen in auch entsprechende tangentiale Kraftpfeile!).
Befassen wir uns zunächst mit der radialen Kraftkomponente:
Wie wir bereits von den KEPLERschen Gesetzen wissen, beruht die Kometenbewegung auf dem Gleichgewicht der radialen Kräfte von Gravitation und Zentrifugalkraft. Wäre dieses Gleichgewicht gestört, bliebe eine Kräftedifferenz übrig, die die Masse des Kometen zum Zentralgestirn hin oder von diesem weg beschleunigen würde. Daher lautet das vollständige Kräftegleichgewicht:
()
Tritt ein Kräfteungleichgewicht zwischen Gravitation (Radialkraft) FR und Zentrifugalkraft FZ, wirkt auf den Kometen eine Kraft in Richtung der Radialkomponente. Somit wird der Planet durch die Trägheitskraft FT ebenfalls in diese Richtung (und umgekehrt) beschleunigt. So lautet das radiale Kräftegleichgewicht nach
Abb. Sonne und Planet: das Ein-Körper-Problem
()
()
Infolge der gewaltigen kosmischen Entfernungen kann selbst ein
Planet als punktförmig angesehen werden!
Mit der Definition des Drehimpulses ()
und dem Trägheitsmoment einer Punktmasse ()
lautet der Drehimpuls
()
on/off
Das Differenzieren von nach der Zeit erfolgt nach der Produktregel, da sowohl die Winkelgeschwindigkeit ω als auch der Abstand r2 zwischen Zentralgestirn und Planet zeitlich veränderlich sind:
()
()
()
Was für Kometen gilt, gilt natürlich auch für andere Himmelskörper, wie z.B. Satelliten, Meteore oder Kometen. Einer der derzeitig bekanntesten Kometen ist der Komet Tschurjumow-Gerassimenko, der durch die Rosetta-Mission der European Space Agency ins Blickfeld des allgemeinen Interesses gerückt ist. Wollen wir sehen, wie sich der Komet Tschurjumow-Gerassimenko im Gravitationsfeld der Sonne bewegt.
Für die Implementation ist zunächst die Erfassung der Startsituation erforderlich. Im Beispielprogramm können der Startort und die vektorielle Startgeschwindigkeit des Kometen per Maus frei gewählt werden. Dass der Geschwindigkeitsvektor beliebige Orientierungen haben kann, berücksichtigt die Herkunft des Kometen aus den Tiefen des Weltalls.
Der Startort des Kometen ist durch seine Koordinaten x0 und y0 gegeben, während der Vektor der Startgeschwindigkeit v0x bzw. v0y erst berechnet werden muss.
Für die Aufstellung der rekursiven Lösung der Bewegungsgleichung benötigen wir die Radial- bzw. Tangentialgeschwindigkeit v0r bzw. v0p der Startgeschwindigkeit. Die erhalten wir über die Komponentenberechnung mittels trigonometrischer Funktionen der Winkeldifferenz aus Richtungswinkel ψ der Startgeschwindigkeit und dem Standortwinkel φ0 des Kometen (siehe ). Aus der tangentialen Geschwindigkeitskomponente kann dann leicht mittels Division durch den Startabstand des Kometen von der Sonne r0 die Anfangswinkelgeschwindigkeit ω0 berechnet werden.
Für die Lösung der Differentialgleichung bietet sich der DORMAND-PRINCE-Solver wegen seiner hohen Genauigkeit an. Geht es bei dieser Aufgabe doch darum, eine verlustfreie Bewegung (Vakuum!) so zu berechnen, dass sich die Bahnkurven, die in der Realität Ellipsen sind, in sich selbst schließen.
Auf die Benutzung der Matrix-Befehle wird hier verzichtet und statt dessen die klassische Umrechnung von Polar- in kartesische Koordinaten vorgenommen.
Abb. Sonne und Planet: Startsituation
In der Simulation sehen wir die Sonne im Zentrum und in einiger Entfernung
einen der Sonne nahen Kometen (orange). Letzterer kann per Maus beliebig
plaziert werden. Vor dem Start hast Du die Möglichkeit, den
Geschwindigkeitsvektor, der vom Kometen ausgeht, zu verändern. Dazu
musst Du mit der Maus das Ende des Vektors festhalten und neu plazieren. Das
Ergebnis Deiner Eingabe kannst Du links unten verfolgen. Winkel des
Geschwindigkeitsvektors ψ sowie des Kometen bez. der
Sonnenposition φ werden in Grad (°) angegeben. Ebenfalls
angezeigt wird die seit dem Start verstrichene Zeit t in Stunden (h).
Wegen der enormen Raumdimensionen dauern kosmische Vorgänge bekanntlich sehr lange,
deshalb wird die Bewegung des Kometen im Zeitraffer dargestellt.
Ergebnisdiskussion: Das Programm ist mit einer Grundkonfiguration für die Kometenstartsituation ausgestattet, die zu einer geschlossenen elliptischen Bahn führt. Veränderungen des Kometenstartortes bzw. der Startgeschwindigkeit in Betrag und Richtung erlaubt die Nachbildung aller realen Situationen, von der hyperbolischen Ablenkung des Kometen über geschlossene Bahnen bis hin zum Sturz in die Sonne.
Zwei-Körper-Problem: Objekte vergleichbarer Massen
In den nun folgenden Betrachtungen gehen wir nicht mehr davon aus, dass das Zentralgestirn sehr
viel massereicher ist, als der umkreisende Planet. Somit ist die gegenseitige Wirkung der beteiligten
Objekte nicht mehr zu vernachlässigen! Wenn wir uns auf zwei solche Objekte beschränken, muss das sog.
Zwei-Körper-Problem
gelöst werden.
Abb. veranschaulicht die Konstellation zweier kosmischer Objekte, deren Massen
vergleichbare Größen aufweisen. Die Lösung des Zwei-Körper-Problems geht davon aus, dass
außer der gegenseitigen Gravitationswirkung und den Zentrifugalkräften keine weiteren Kräfte auf die beiden
Objekte einwirken. Daraus folgt, dass sich beide Objekte um einen gemeinsamen Schwerpunkt
S drehen müssen. Die Schwerpunkte (hier identisch mit den Objektmittelpunkten) der
beiden Objekte und der gemeinsame Schwerpunkt liegen dabei stets auf einer Geraden! Also
Diese Aussage erlaubt uns auch, die Lage des gemeinsamen Schwerpunktes zu berechnen:
Gleichzeitig sind mit und Zwangsbedingungen für die Bewegung
beider Objekte gegeben. So könnte das Zwei-Körper-Problem mit den mathematischen Mitteln des
Ein-Körper-Problems gelöst werden. Davon wollen wir aber keinen Gebrauch machen,
sondern einen anderen Lösungsweg ausprobieren, nämlich die Anwendung des LAGRANGEschen Formalismus.
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()
Abb. Das Zwei-Körper-Problem
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und mit der Gravitationskonstanten γ = 6,67430·10-11 m³/kg·s²:
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()
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Die folgenden Schritte erfolgen analog : So lautet die LAGRANGEsche Funktion, die nur noch von zwei Variablen r2 und φ2 bzw. deren Ableitungen abhängig ist...
()
(a)
sowie
(b)
(c)
sowie unter Anwendung der Produktregel
(d)
(a)
sowie
(b)
(a)
(b)
(a)
(b)
Im Zusammenwirken mit den beiden und liegen munmehr alle Bestimmungsgleichungen für die Bewegungen der beiden Himmelskörper vor. Unabhängig von den Bewegungen der beiden Körper um den gemeinsamen Schwerpunkt können weitere Bewegungsmuster überlagert werden, nämlich durch eine translatorische, gleichförmige Bewegung des gemeinsamen Schwerpunktes. Dies tritt auf, wenn sich die beiden Körper gemeinsam auf einer Bahn um einen größeren Himmelskörper, wie z.B. die Sonne, bewegen.
Das nebenstehende Beispielprogramm zeigt zwei Himmelskörper ähnlich großer Massen. Der Beobachter ist auf der Position des gemeinsamen Massenschwerpunktes.
Es ist also unerheblich, ob sich dieser bewegt oder nicht - es gibt keine Relativbewegung zwischen Beobachter und Schwerpunkt.
Im Programm sind sowohl das Massenverhältnis m2/m1 per Schieberegler, als auch die verktorielle Startgeschwindigkeit v0 und der Startort des zweiten Objektes per drag'n drop wählbar.
Vor dem START werden beide Objekte in ihrer vollen Größe einsckließlich des gemeinsamen Schwerpunktes gezeigt. Nach dem START verschwinden diese Darstellungen zu Gunsten einer Spur-Darstellung, weil so der Bahnverlauf besser zu verfolgen ist.
Im Programm sind sowohl das Massenverhältnis m2/m1 per Schieberegler, als auch die verktorielle Startgeschwindigkeit v0 und der Startort des zweiten Objektes per drag'n drop wählbar.
Vor dem START werden beide Objekte in ihrer vollen Größe einsckließlich des gemeinsamen Schwerpunktes gezeigt. Nach dem START verschwinden diese Darstellungen zu Gunsten einer Spur-Darstellung, weil so der Bahnverlauf besser zu verfolgen ist.
Ergebnisdiskussion: Wie die KEPLERschen Gesetze besagen, bewegen sich die beiden Köper bei hinreichend niedriger Startgeschwindigkeit (variiere den roten Geschwindigkeitsvektor!) auf elliptischen Bahnen, bei höheren Geschwindigeiten auf einer hyperbolischen Bahn um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Ist eine der beiden Massen sehr groß, fallen Objektmittelpunkt und Schwerpunkt zusammen.