9. Kapitel
Der atmosphärische Druck im erdnahen Raum
Atmosphärisches
Dringen kosmische Objekte in die Atmosphäre eines Planeten ein, ist die Beachtung der Strömungsreibung unerlässlich! Sie ist Fluch und Segen zugleich. Sie kann wegen der gewaltigen kinetischen Energien kosmische Körper zum verglühen bringen, sie kann aber auch landende Raumschiffe so abbremsen, dass sie am Erdboden nicht zerschellen.Wie wir schon im Kapitel REYNOLDSzahl nachgewiesen haben, haben wir es bei der Größe kosmischer Geschwindigkeiten bei einem Eintritt in die Atmosphäre mit der NEWTONschen Reibung zu tun. Darin spielt die Luftdichte ρ eine wichtige Rolle!
Im erdnahen Raum kann jedoch von der Annahme, dass die Luftdichte ρ eine konstante Größe sei, nicht mehr ausgegangen werden. Je größer die Höhe h über dem Erdboden, desto kleiner ist der Luftdruck p und damit auch die Luftdichte ρ. Daher soll zunächst der Einfluss der Höhe auf die Dichte des die Strömungsreibung hervorrufenden Mediums betrachtet werden.
Barometrische Höhenformel im erdnahen Raum
Luftdichte und atmosphärische Druck im erdnahen Raum sind eng miteinander verknüpft.
Nur in Bodennähe kann die Luftdichte ρ als konstant angesehen
werden. Temperatur und Luftdruck, insbesondere aber die Höhe über dem
Meeresspiegel beeinflussen die Luftdichte. Während Temperatur und Luftdruck
witterungsbedingt schon in Bodennähe stark schwanken können, ist der Einfluss
der Höhe auf die Luftdichte mathematisch gut fassbar. Darum befassen wir uns
hier mit dem Einfluss der Höhe auf die Strömungsreibung von Objekten wie
Flugzeuge, Landefähren oder Kometen.
Die höhenabhängige Luftdichte ermitteln wir mit Hilfe der Barometrischen Höhenformel. Folgende Überlegung führt uns auf diese Formel:
Stellen wir uns ein kleines Luftvolumen dV der Dichte ρ vor. Dann hat dieses Volumen das Gewicht dG.
Die höhenabhängige Luftdichte ermitteln wir mit Hilfe der Barometrischen Höhenformel. Folgende Überlegung führt uns auf diese Formel:
Stellen wir uns ein kleines Luftvolumen dV der Dichte ρ vor. Dann hat dieses Volumen das Gewicht dG.
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Abb. Zur barometrischen Höhenformel
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Das BOYLE-MARIOTTEsche Gesetz besagt, dass bei einer Volumenänderung einer
unveränderlichen Stoffmenge das Produkt aus Druck p
und Volumen V bei gleichbleibender Temperatur konstant ist.
da aber
erhalten wir durch Ersetzen der Volumina V durch das
entsprechende Masse/Dichte-Verhältnis
eine Relation zwischen Drücken p und den entsprechenden Dichten
ρ.
Dieser Zusammenhang zeigt die Abhängigkeit der Druckänderung je Höhenänderung. Damit
ist uns aber nicht gedient. Wir suchen eine Beziehung für die Dichte! Aber keine
Panik: hier hilft uns die Zustandsgleichung für ideale Gase
(BOYLE-MARIOTTEsches Gesetz)
weiter. Für konstante Temperaturen gilt:
()
on/off
Auch wenn die Annahme konstanter Temperaturen die Realität nicht korrekt widerspiegelt, ist dieser Ansatz doch recht brauchbar. Er sagt aus, dass das Verhältnis von Druck zu Dichte stets gleich ist. Wir können also den Druck am Boden p0 zur Dichte am Boden ρ0 ins Verhältnis setzen und können so bei bekanntem (beliebigen) Druck auf die dazu gehörige Dichte schließen! Auf diese Weise erhalten wir - allerdings noch in der Differentialform - den gesuchten Zusammenhang zwischen Dichte und Höhe:
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()
Beachte, dass diese Stammfunktion eine Sonderrolle spielt! Sie liefert
als Lösung.
Die Lösung des Integrals lautet:
Auflösen nach der Dichte ρ ergibt
()
on/off
()
Nun muss noch die Integrationskonstante K bestimmt werden. Aus folgt, dass sein muss. Damit liegt uns die Barometrische Höhenformel, ohne Berücksichtigung der Abhängigkeit der Erdanziehungskonstante g von der Höhe, anwendungsbereit vor!
()
Abb. Dichte der Luft in Abhängigkeit von der Höhe
Erweiterte barometrische Höhenformel
Für Anwendungen, die innerhalb eines Höhenkorridors von ca. 50 km über der Erdoberfläche (terrestrisches Flugwesen) angesiedelt sind, ist diese Formel hinreichend genau. Bei dieser Entfernung liegt die Abweichung der Gravitationskonstaten g von der an der Erdoberfläche gemessenen unter 1,5%!
Anders sieht das aus, wenn kosmische Anwendungen modelliert werden sollen. Hier
verändert sich die Gravitationskraft G umgekehrt quadratisch zur
Entfernung ()! Fußend auf
ergibt sich eine mit der Höhe h veränderliche Erdanziehungskonstante
g, wenn g(h) auf die Gravitationskonstante g
auf die Erdoberfläche (Radius R) bezogen wird:
Damit verändern sich die Ausgangsbedingungen:
()
()
Abb. Zur Erdanziehungskonstanten g(h)
Dieses Integral gehört nun wieder zu den Potenztypen (siehe Geistesblitz: Integrationstypen).
Da unser Integral aber noch nicht ganz diesem Typ entspricht, müssen wir dies
durch eine Variablensubstitution erzwingen. Dazu führen wir die neue
Variable z ein:
Dank der Substitution können wir das Integral auf herkömmliche Weise lösen:
Nun wird nur noch die Hilfsvariable z durch Rücksubstitution
ersetzt und wir erhalten die gesuchte Lösung!
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()
on/off
Auflösen nach ρ ergibt:
()
()
()
zeigt, wie sich die berechneten Dichten in Abhängigkeit von der Berücksichtigung der Gravitationswirkung unterscheiden.
- Luftdichte berechnet ohne Berücksichtigung der Abhängigkeit der Gravitationskonstanten g von der Höhe h,
- Luftdichte berechnet unter Berücksichtigung der Abhängigkeit der Gravitationskonstanten g von der Höhe h,
-
Luftdichte gemessen.
Quelle: "Atmosphäre Dichte 600km". Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons - wikimedia.org
Wie die Kurve c) der Grafik () zeigt, gibt es bis zu einer Höhe von ca. 130 km zwischen der errechneten Kurve und dergemessenen eine gut Übereinstimmung. Darüber hinaus wirken Strahlungsprozesse auf die Hochatmosphäre ein, die dem kontinuierliche Druckabfall entgegen wirken und zu einer deutlichen Abweichung führen.
Abb. Luftdichte berechnet und gemessen