3. Kapitel
Bewegungsgleichungen für die translatorische Bewegung
Gleichmäßig beschleunigte Bewegung unter idealisierten Bedingungen
Herleitung der Bewegungsgleichungen
Frei nach EINSTEIN "eine Theorie sollte so einfach wie möglich, aber nicht noch einfacher sein", werden wir uns zunächst eine Experimentierumgebung schaffen, in der nur eine definierte Kraft wirkt, alle anderen (störenden) Einflüsse, wie Reibung oder mögliche Drehbewegungen, aber außer Acht lässt, d.h. wir beschränken uns auf die translatorische Bewegung von Körpern. Dies entspricht dem GALLILEIschen Prinzips der Trennung des zu untersuchenden Problems von nicht zum Problem gehörenden Einflüssen. Wir wollen untersuchen, wie sich ein massebehaftetes, frei bewegliches punktförmiges Objekt unter dem Einfluss einer konstant wirkenden Kraft bewegt. Und noch eine weitere Vereinfachung soll gelten: die wirkende Kraft sei unveränderlich für die Dauer unseres Experiments. Daher die Bezeichnung gleichmäßig beschleunigte Bewegung.Hierbei gibt uns das 3. NEWTON'sche Axiom einen ersten Ansatzpunkt: Zu jeder Kraft existiert eine gleich große Gegenkraft ()! Diese Beziehung werden wir im Folgenden Kräftegleichgewicht nennen. Wenn also eine Kraft auf einen gleich große Gegenkraft ()! Wenn also eine Kraft auf einen bisher ruhenden (oder in gleichförmiger Bewegung befindlichen) Körper wirkt, welche Gegenkraft wirkt dann? Reibungskräfte haben wir ausgeschlossen, eine Fixierung existiert nicht, bleibt also nur die Trägheit der Masse, die zu überwinden ist.
()
Für Körper unter Einfluss einer auf sie wirkenden Kraft ist die Herleitung der
Orts-Zeitfunktion aus einem Kräftegleichgewicht das wesentliche
Merkmal der NEWTONschen Mechanik!
Und weiter geht es mit dem 2. NEWTON'sche Axiom: Kraft ist gleich Masse mal Beschleunigung! Da wir wissen, dass sich der Körper unter dem Einfluss der Kraft in die Wirkungsrichtung dieser Kraft bewegen wird, können wir auch unter Weglassung der Vektorschreibweise schreiben:
()
Die Ortsvariable s steht wieder für die Variablen x, y oder z da die herzuleitenden Bewegungsgesetze richtungsunabhängig sind. Von der zu erwartenden Bewegung ist uns bisher nichts weiter bekannt, als dass sie mit der Beschleunigung
()
erfolgen wird.
Abb. Gleichmäßig beschleunigte Bewegung
Eine Differentialgleichung gibt also nicht den Zusammenhang zwischen einer
Variablen und einer anderen Variablen wieder, sondern zwischen dem
Differential einer Variablen und derselben Variablen oder einer
anderen Variablen (die natürlich auch eine Konstante sein kann).
Differentialgleichungen spielen in der Physik eine ganz wesentliche Rolle. Alle Bewegungsformen werden aus mehr oder weniger komplexen Differentialgleichungen hergeleitet!
Differentialgleichungen spielen in der Physik eine ganz wesentliche Rolle. Alle Bewegungsformen werden aus mehr oder weniger komplexen Differentialgleichungen hergeleitet!
on/off
Das, was uns hier in begegnet, ist eine Differentialgleichung! Hier gehen wir davon aus, dass die Kraft konstant wirkt, also keinen zeitlichen Änderungen unterliegt. Darum wird die zu erwartende Bewegung als eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung bezeichnet!
Wie können wir nun von der uns bekannten Differentialgleichung auf die noch unbekannte Bewegung des Objektes schließen? Nun, wir müssen die Differentialgleichung lösen. Das geschieht im einfachsten (hier vorliegenden) Fall durch eine geeignete Integration der (in wurde auf diese gegenseitigen Abhängigkeiten hingewiesen!). Wegen ihrer grundlegenden Bedeutung werden wir die Integration jetzt Schritt für Schritt ausführen. Zunächst stellen wir nach dv um:
Geht das überhaupt? Einen Differentialquotienten wie einen
Bruch zu behandeln? Ja! Erinnere Dich: der Differentialquotient
ist ja durch einen Grenzübergang aus einem Differenzquotienten hervor
gegangen ()! Und der ist, wie der Name sagt, ein Quotient!
Also gelten für den Differentialquotienten die gleichen Regeln wie
für jeden anderen Quotienten auch.
()
on/off
Jetzt können wir auf beiden Seiten der integrieren:
()
Zur Erinnerung! Eine Konstante 1 bzgl. der Zeitvariablen t
wird nach der Potenzregel integriert, indem 1 = 1·t0
gesetzt wird.
Dann kann nach dem Schema
integriert werden!
Dann kann nach dem Schema
integriert werden!
on/off
Da der Quotient nicht von der Zeit abhängig ist, darf er vor das Integral auf der rechten Seite gezogen werden:
()
Jetzt kann die Integration ausgeführt werden:
()
Für die Integrationskonstante C gibt es eine gute Verwendung! C steht ja für einen beliebigen, aber konstanten Wert. Nutzen wir die Gelegenheit, diesem Wert einen Sinn zu geben! Dies nennen wir Anfangs- oder Startbedingungen . Eine Anfangsbedingung wäre z.B. die Anfangsgeschwindigkeit v0 des Objektes zu Beginn unserer Beobachtung:
()
Einsetzen in zur Zeit t = 0 ergibt:
()
()
damit wird präzisiert:
()
Dieses Ergebnis stimmt mit GALILEIs Aussage überein, dass (bei gleichförmig wirkenden Kräften) der Geschwindigkeitszuwachs linear von der Zeit abhängig ist.
Nun interessiert uns noch die Zeitabhängigkeit des Objektortes. Hierzu sind die oben ausgeführten Schritte mit zu wiederholen:
()
Erneute Trennung der Variablen und Integration:
()
ergibt
()
Diese Integrationskonstante C wird wieder durch Einarbeitung einer Randbedingung gefunden. Jetzt wäre z.B. der Startort des Objektes zu Beginn unserer Beobachtung wichtig:
()
daraus folgt, dass
()
so erhalten wir schließlich die Zeitfunktion des Ortes:
()
Hier finden wir die experimentell gefundene Aussage GALILEIs bestätigt, nach der der Ortszuwachs quadratisch mit der Zeit erfolgt!
Noch ist die aber nicht vollständig! Die Trägheitskraft FTrägheit ist uns ja nicht bekannt. Jetzt kommt das 3. NEWTONsche Axiom zum Zug (). Denn das lautet ACTIO = REACTIO. Somit lautet nun die vollständige Orts-Zeitfunktion der gleichmäßig beschleunigten Bewegung:
()
Beachte!
Die gesuchte Orts-Zeitfunktion ist durch zweimalige Integration aus einem Kräftegleichgewicht gewonnen worden.
Die gesuchte Orts-Zeitfunktion ist durch zweimalige Integration aus einem Kräftegleichgewicht gewonnen worden.
Wirkt keine Kraft auf die Masse, dann ist FWirk = 0 Dann zeigt die Orts-Zeitfunktion kein beschleunigtes Verhalten mehr.
()
Und das entspricht genau der Vorhersage des 1. NEWTONsche Axiom!
Das Beispielprogramm zeigt die Abhängigkeit der Geschwindigkeit des Objektes von seiner Masse m und der auf ihn einwirkenden Kraft F. Mit den Schiebereglern Force und Masse kannst Du beliebigen Kraft/Masse-Kombinationen ausprobieren.
Außerdem spielt die Einwirkungsdauer δt der Kraft eine entscheidende Rolle. Diesen Einfluss kannst Du untersuchen, indem Du den Button FORCE drückst. Nur solange die Kraft F wirkt, so lange wird das Objekt beschleunigt, d.h. seine Geschwindigkeit v steigt linear. Andernfalls bleibt die Geschwindigkeit unverändert, also gleichförmig. Die rote Linie über der x-Achse zeigt Dir an, wann die Kraft gewirkt hat.
Übrigens, wenn Du mit der Lösung von Integralen nicht so vertraut bist, hier
gibt es einen Integralrechner im
Netz, der nach Eingabe des Integranden das gelöste Integral zurück gibt.