4. Kapitel
Fall eines Körpers unter STOKESscher Reibung
Differentialgleichung mit Gravitationseinfluss - STOKES
Die Lösung der Differentialgleichung für den Fall eines Körpers unter STOKESscher Reibung soll am Beispiel eines kugelförmigen Luftballons in einem Medium (siehe ) besprochen werden. Dafür passen wir an. Gemäß unseres Leitsatzes
Actio = Reactio
erscheint nun auf der linken Seite der Gleichung die Gravitationskraft (analog zu ). Eine solche Differentialgleichung wird inhomogen genannt - im Unterschied zur Differentialgleichung ohne äußeren Krafteinfluss, die homogen genannt wird (im Kapitel Lösungsmethoden für Differentialgleichungen gehe ich detailliert auf diese Thematik ein.
Die Gravitationskraft -m·g (ohne Berücksichtigung des Auftriebs) stellt eine Erweiterung der Differentialgleichung dar, die in Berücksichtigung findet.
Da es sich hier um eine senkrechte Bewegung in einem Medium, das selbst ein
Gewicht hat, handelt, müssten wir hier eigentlich den Auftrieb
des fallenden Körpers in diesem Medium berücksichtigen. Der Auftrieb selbst ist
eine der Gravitation entgegengesetzt wirkende Kraft. Der Auftrieb
FA vermindert somit das für die Beschleunigung
wirksame Gewicht G des Körpers. Nehmen wir an, der Körper fällt
in dem Medium Luft, so errechnet sich der Auftrieb zu:
worin ρLuft die Luftdichte, g die Gravitationskonstante und V das Volumen
des Körpers bedeuten. Die Auftriebskraft vermindert das Gewicht, folglich ist
das um den Auftrieb verminderte Gewicht.
Da der Auftrieb aber keinen Einfluss auf die Differentialgleichung in ihrem Wesen nimmt, wird im Folgenden auf die Berücksichtigung des Auftriebs verzichtet.
das um den Auftrieb verminderte Gewicht.
Da der Auftrieb aber keinen Einfluss auf die Differentialgleichung in ihrem Wesen nimmt, wird im Folgenden auf die Berücksichtigung des Auftriebs verzichtet.
()
on/off
Statt dessen wollen wir von nun an, da die Differentialgleichungen, die wir in den nächsten Kapiteln zu lösen haben, alle ähnlich kompliziert sind, eine andere Lösungsmethode anwenden. Das ist die numerische Lösung der Differentialgleichungen. Diese Lösungsmethode ist darüber hinaus für unsere Anwendungen ideal. Das Prinzip besteht darin, dass statt eine fertige Formel im Programm zu implementieren, geeignete Zahlenwerte in die Differentialgleichung eingesetzt und resultierende Zahlen berechnet werden. Spiele werden am Computer gespielt und der verfügt über ausreichend Rechenleistung, um die Variablen der Differentialgleichung numerisch für jeden Zeitquant dt zu berechnen. Wie das im Einzelnen gemacht wird, schauen wir uns jetzt an.
Zunächst stellen wir die Normalform der Differentialgleichung her. D.h. die Variable mit der höchsten Ableitung wird auf der linken Seite separiert:
()
()
erweitern mit dt
()
und Übergang vom Differentialquotienten zum Differenzenquotienten:
()
Dieser Schritt stellt die Umkehrung dessen dar, was wir mit beschrieben haben. Die Verwendung des Differenzenquotienten bedeutet, dass wir jetzt mit endlich großen Zeitquanten arbeiten werden. Und was liegt näher, als die Bildrefresh-Rate frameRate als Zeitbasis zu verwenden Δt = 1/frameRate.
Was wir auf diese Weise berechnen ist der Geschwindigkeitszuwachs Δv je Bildwechsel. D.h. die aktuelle Geschwindigkeit vneu ergibt sich aus der Summe der zuvor erreichten Geschwindigkeit valt und des gerade berechneten Geschwindigkeitszuwachses Δv. Rechentechnisch bedeutet dies eine Integration. In der bekannten Programmierweise lautet dann die Berechnung der aktuellen Geschwindigkeit:
()
wobei
Analog zu wird durch eine 2. Integration die Ortsfunktion y(t) berechnet:
()
Siehe dazu den Programmauszug in .
Selbstverständlich erreicht eine solche einfache Lösung nicht die Genauigkeit der analytischen Lösung, wie wir sie im Abschnitt Differentialgleichung ohne Gravitationseinfluss hergeleitet haben. Aber, die nach den Mathematikern EULER und CAUCHY benannte Lösungsmethode, liefert zufriedenstellende Resultate bei geringstem Lösungsaufwand!
Wie die Genauigkeit der numerischen Lösungsmethoden verbessert werden kann, zeige ich im Kapitel Einführung in die numerische Lösung von Differentialgleichungen.
Abb. Anwendung der numerischen Lösungsmethode
Das Beispielprogramm zeigt den senkrechten Fall eines Ballons unter Einfluss der
Strömungsreibung (roter Ballon) im Vergleich zum freien Fall (gelber Ballon).
Vertikales Ziehen des roten ballons verändert die Starthöhe beider Ballons. Ziehen des Schiebereglers "tau" verändert die Zeitkonstante.
Ergebnisdiskussion Deutlich ist der Unterschied zwischen Freiem Fall und gebremster Bewegung zu sehen. Der Zusammenhang zwischen Zeitkonstante und Bewegungsablauf ist ersichtlich. Je größer die Zeitkonstante τ, desto längert dauert die Übergangsphase bis zum Erreichen einer konstanten Fallgeschwindigkeit.
Vertikales Ziehen des roten ballons verändert die Starthöhe beider Ballons. Ziehen des Schiebereglers "tau" verändert die Zeitkonstante.
Ergebnisdiskussion Deutlich ist der Unterschied zwischen Freiem Fall und gebremster Bewegung zu sehen. Der Zusammenhang zwischen Zeitkonstante und Bewegungsablauf ist ersichtlich. Je größer die Zeitkonstante τ, desto längert dauert die Übergangsphase bis zum Erreichen einer konstanten Fallgeschwindigkeit.
()
und
()
worin
()
die Endgeschwindigkeit bei t → ∞ und
()
die Zeitkonstante des Systems Ballon - Medium bedeuten.
zeigt den Geschwindigkeitsverlauf der Bewegung des
Luftballons. Bemerkenswert ist, dass der Luftballon mit einer Beschleunigung gleich bzw.
nahe der Erdbschleunigung zu fallen beginnt. Dann verringert sich der
Geschwindigkeitszuwachs um schließlich ganz aufzuhören. Wie schnell dieser Zustand
erreicht wird, bestimmt die Zeitkonstante τ. Der Ballon fällt dann mit
konstanter Geschwindigkeit zu Boden. Im Gegensatz dazu fiele der Ballon im freien Fall
(gestrichelte dunkelgrüne Linie) mit konstanter Beschleunigung, also mit stets steigender
Geschwindigkeit.
Hier sei bemerkt, dass selbst unser Luftballon trotz seines geringen Gewichtes nicht die Bedingungen für die Berechnung nach der STOKESschen Reibung erfüllt.
Hier sei bemerkt, dass selbst unser Luftballon trotz seines geringen Gewichtes nicht die Bedingungen für die Berechnung nach der STOKESschen Reibung erfüllt.
Abb. Verlauf der Geschwindigkeit über der Zeit
Interpretation: Anfänglich hat der Ballon eine Geschwindigkeit v = 0, es wirkt also noch keine Reibung und alles sieht nach freiem Fall aus! Jedoch steigt mit der wachsenden Geschwindigkeit v auch die Strömungsreibung. Da, solange h ≠ 0, potentielle Energie Wpot vorhanden ist, kann die Reibung immer überwunden werden. Schließlich stellt sich eine Gleichgewicht zwischen dem Abbau der potentiellen Energie und dem Reibungsverlust ein. Die sich so einstellende Endgeschwindigkeit bleibt bis zum Aufprall des Ballons auf dem Boden erhalten. Auch hier zeigt es sich, dass große Massen m große τ und große Wpot zur Folge haben. Damit verharrt das Objekt länger im Zustand des freien Falls und findet erst später seine Endgeschwindigkeit als bei kleinen τ.
zeigt, dass nach einer gewissen Übergangszeit (t → ∞) die Geschwindigkeit gegen v∞ strebt und der Ortszuwachs erfolgt dann linear mit der Zeit.
Probier es selber aus! Das Demoprogramm vergleicht den Fall im Medium Luft mit dem freien Fall. Die Zeitkonstante kannst Du mit dem Schieberegler verändern.