4. Kapitel
Bewegung unter Einfluss der inneren Reibung
Differentialgleichung ohne Gravitationseinfluss
Erinnern wir uns: der Strömungswiderstand, den ein Körper durch eine Relativbewegung in einem gasförmigen oder flüssigen Medium erfährt, ist von der Geschwindigkeit abhängig.Im Fall der STOKESschen Reibung ist die Abhängigkeit linear. Und im Fall der NEWTONschen Reibung ist die Abhängigkeit sogar quadratisch! Dies hat natürlich Auswirkungen auf die resultierenden Bewegungsgleichungen.
Auch wenn, wie wir aus den Betrachtungen zur Reynolds-Zahl wissen, die STOKESsche Reibung für unsere Anwendungen kaum von Belang ist, werden wir doch mit der Aufstellung der Differentialgleichung für den Fall der STOKESschen Reibung beginnen.
Der besseren Übersichtlichkeit wegen beginnen wir mit dem einfachen Fall des horizontalen Wurfs. Auch, wenn wir festgestellt haben, dass die Reibung nach STOKES für unsere Anwendungsfälle kaum Bedeutung hat, nehmen wir genau diesen Fall der Bewegung unter Einfluss der inneren Reibung als Trainingsobjekt.
Eine solche Situation könnte eine Tennisspiel auf der ISS (keine Gravitation, geringe Wurfgeschwindigkeit) sein oder in zähen Flüssigkeiten auftreten, wo der Auftrieb die Gravitation mehr oder weniger aufhebt.
Betrachten wir also zunächst das Kräftegleichgewicht gemäß des 3. NEWTONschen Axioms
Actio = Reactio
Betrachten wir den einfachen Fall, dass sich eine Kugel der Masse m unter
dem Einfluss einer äußeren Kraft F in einem flüssigen oder gasförmigen
Medium bewegt. Uns interessieren die Geschwindigkeit v(t) und die
Ortsfunktion s(t).
Im Falle des horizontalen Wurfs gibt es keine von außen wirkende Kraft. D.h. Factio = 0! Nachdem die Kugel einmal geworfen und dann los gelassen worden ist, bleibt sie sich selbst überlassen. Die in der Kugel gespeicherte Bewegungsenergie treibt die Kugel durch das Medium.
Ein Kräftegleichgewicht, bei dem keine äußere Kraft wirkt, d.h. Factio = 0 ist, führt auf eine sog. homogene Differentialgleichung.
Im Falle des horizontalen Wurfs gibt es keine von außen wirkende Kraft. D.h. Factio = 0! Nachdem die Kugel einmal geworfen und dann los gelassen worden ist, bleibt sie sich selbst überlassen. Die in der Kugel gespeicherte Bewegungsenergie treibt die Kugel durch das Medium.
()
Ein Kräftegleichgewicht, bei dem keine äußere Kraft wirkt, d.h. Factio = 0 ist, führt auf eine sog. homogene Differentialgleichung.
Abb. Bewegung einer Kugel in einem Medium
Mit der STOKESschen Reibkraft nach wird so interpretiert:
()
Um die künftige Schreibarbeit zu vereinfachen, ersetzen wir den Ausdruck durch die Abkürzung r.
()
Wir erinnern uns: zur Berechnung der Trägheitskraft benötigen wir die
Beschleunigung, das ist die zweite Ableitung der Ortskoordinate nach der Zeit.
Und für die Reibungskraft benötigen wir die Geschwindigkeit, das ist die erste
Ableitung der Ortskoordinate nach der Zeit!
Der Ausdruck r (Reibungskoeffizient
oder Reibzahl) berücksichtigt jetzt den Reibungseinfluss:
Division durch m und Umstellen nach führt auf die Normalform der Differentialgleichung:
()
Division durch m und Umstellen nach führt auf die Normalform der Differentialgleichung:
()
on/off
Ableitung der Ortskoordinate s durch die Variable v - die Geschwindigkeit - ersetzen. Analog dazu ersetzt die erste Ableitung der Geschwindigkeit v die zweite Ableitung der Ortskoordinate s - die Beschleunigung - .
Nach Substitution und Umstellung von erhalten wir eine Differentialgleichung 1. Ordnung:
()
Wie auch schon im Fall der beschleunigten Bewegung ohne Reibungseinfluss wollen wir versuchen, die Differentialgleichung durch die Methode der Trennung der Variablen zu lösen, deshalb ersetzen wir die abgeleiteten Variablen durch ihre Differentialquotienten:
()
Jetzt können wir die Variablen trennen:
()
Beachte: diese Stammfunktion wird nicht nach der
Potenzregel integriert!
Es gilt
Es gilt
Auch hier werden wir jetzt auf beiden Seiten der Gleichung in bekannter Weise
integrieren:
()
on/off
Damit wird ein analytischer Ausdruck für die Geschwindigkeit v gefunden. Die Integration auf beiden Seiten
()
Die gefundene Lösung wird jetzt noch nach v umgestellt (die Exponentialfunktion ist die Umkehrfunktion des Logarithmus). Die Konstante C kann nach den Gesetzen der Potenzfunktionen als Exponent eines separaten Faktors der gleichen Basis geschrieben werden:
()
Da C eine Konstante ist, ist auch eC eine Konstante. Also können wir eC durch eine anders bezeichnete Konstante K ersetzen:
()
Mit der Konstanten K haben wir die Möglichkeit, eine Startbedingung für die Geschwindigkeit v vor zu geben. Wenn zur Zeit t = 0 sich die Kugel mit der Anfangsgeschwindigkeit v0 bewegt, dann gilt:
Die hier gefundene Lösung beinhaltet auch die gleichförmige Bewegung. Wenn
nämlich die Reibung r verschwindet, wird der Exponent der
e-Funktion ebenfalls gleich 0. So erhält aber die gesamte
e-Funktion den Wert 1 und die Geschwindigkeit v
geht in die Anfangsgeschwindigkeit v0 über.
()
Einsetzen in
()
on/off
()
Für kugelförmige Körper kann der Wert der Zeitkonstante bei bekannter Masse und bekanntem Radius nach dem STOKESschen Gesetz berechnet werden:
()
Tischtennis | Fußball |
ρLuft = 1,3 kg/m3 | ρLuft = 1,3 kg/m3 |
ηLuft = 17,1·10-6 kg/ms | ηLuft = 17,1·10-6 kg/ms |
Ø = 38 mm | Ø = 222,8 mm |
m = 2,5 g | m = 450 g |
τ = 3,96e3 s ≈ 1,1 h | τ = 1,20e5 s ≈ 33,3 h |
Beachte: es handelt sich hier um die STOKESsche Reibung! Wie uns die Ergebnisse der Vergleichstabelle deutlich machen, können die oben angeführten Zeitkonstanten nur für sehr kleine Geschwindigkeiten gelten! Experimentell könnten diese Ergebnisse also nur in der Schwerelosigkeit durchgeführt werden.
zeigt den exponentiellen Geschwindigkeitsabfall über der
Zeit bei verschiedenen Werten der Zeitkonstanten τ. Typisch für
den exponentiellen Abfall ist, dass zu Beginn der Bewegung die stärksten Einbußen
zu beobachten sind. Bereits nach 10 s sind die Bewegungen bei allen drei
Beispielen zum Stillstand gekommen. Zudem ist festzustellen, dass dieser Vorgang
bei kleinen Zeitkonstanten τ schneller abläuft als bei großen
τ.
Interpretation: Entsprechend ist die Zeitkonstante τ proportional zur Masse m, diese wiederum wirkt proportional auf die kinetische Energie Wkin, die das Objekt in Form der Startgeschwindigkeit v0x trägt. Je größer die kinetische Energie (also je größer τ), desto länger reicht der Energievorrat, diesen in Folge der Reibung in Wärme um zu wandeln. Umgekehrt führen kleine m zu kleinen τ und so zu kleinen Wkin, folglich wird diese geringere Energiemenge schneller aufgebraucht, also sinkt auch die Geschwindigkeit v schneller.
Wie nahelegt, nimmt die Geschwindigkeitsreduktion theoretisch kein Ende, praktisch führen dann letztlich atomare Kräfte zum Stillstand.
Interpretation: Entsprechend ist die Zeitkonstante τ proportional zur Masse m, diese wiederum wirkt proportional auf die kinetische Energie Wkin, die das Objekt in Form der Startgeschwindigkeit v0x trägt. Je größer die kinetische Energie (also je größer τ), desto länger reicht der Energievorrat, diesen in Folge der Reibung in Wärme um zu wandeln. Umgekehrt führen kleine m zu kleinen τ und so zu kleinen Wkin, folglich wird diese geringere Energiemenge schneller aufgebraucht, also sinkt auch die Geschwindigkeit v schneller.
Wie nahelegt, nimmt die Geschwindigkeitsreduktion theoretisch kein Ende, praktisch führen dann letztlich atomare Kräfte zum Stillstand.
Abb. Geschwindigkeitsverlauf bei verschiedenen Zeitkonstanten
Da nun der Verlauf der Geschwindigkeit über der Zeit als Ausdruck vorliegt, kann in einer 2. Integration der Verlauf des Ortes über der Zeit ermittelt werden. Da
()
Um das vorliegende Integral lösen zu können, müssen wir wieder zu einer
Substitution greifen. Es existiert ein Grundintegral für die
Exponentialfunktion ex. Daher wird mit der Substitution
der Typ des Grundintegrals hergestellt. Nun muss aber auch das Differential
dt durch dz ersetzt werden. Das erreichen wir durch
Differentiation des Substituenten:
also
nun kann die Integration ausgeführt werden. Die Integration der
e-Funktion führt wieder auf eine e-Funktion:
nur noch rücksubstituieren und die Lösung ist perfekt!
e-Funktion führt wieder auf eine e-Funktion:
()
()
on/off
Mit der Startbedingung für den Ort
()
()
()
Die Programm technische Umsetzung bietet keine Probleme. zeigt die wesentlichen Schritte:
Abb. Programmausschnitt - Bewegung bei STOKESscher Reibung
Das Beispielprogramm zeigt eine Bewegung unter Einfluss der Strömungsreibung.
Horizontales Ziehen des Geschwindigkeitspfeiles verändert die Startgeschwindigkeit
und vertikales Ziehen des Schiebereglers tau die Zeitkonstante.
Deutlich ist der Zusammenhang zwischen Zeitkonstante und Bewegungsverlauf ersichtlich.
Deutlich ist der Zusammenhang zwischen Zeitkonstante und Bewegungsverlauf ersichtlich.